Vor etwa 6.000 bis 7.000 Jahren lebten entlang der Donau äußerst unterschiedliche Gemeinschaften. Forscher entdeckten, dass Gruppen mit striktem Binnenkontakt nur 100 Kilometer von offen strukturierten Gesellschaften entfernt existierten. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Anna Szécsényi-Nagy und Zsuzsanna Siklósi untersuchte das Erbgut von 125 Personen aus dem Karpatenbecken, vorwiegend aus dem heutigen Ungarn und Rumänien. Die Studie zeigt deutliche genetische Unterschiede zwischen nah benachbarten Gruppen und liefert neue Erkenntnisse zur Bevölkerungsstruktur dieser Region.
Wandel durch Kultur, nicht durch Migration
Die untersuchten Überreste stammen aus der Zeit zwischen 4.800 und 3.900 Jahren vor unserer Zeitrechnung. Forscher lasen aus der DNA Hinweise auf Lebensweise und Bestattungskultur. In der späten Jungsteinzeit dominierten große Siedlungen, später bevorzugten Menschen kleine, eng vernetzte Dorfgemeinschaften. Kulturtechniken wie Keramikherstellung änderten sich. Trotz sozialer Umbrüche zeigt das Erbgut kaum Spuren fremder Einflüsse. Die genetische Vielfalt nahm sogar ab – besonders im Gebiet um Polgár und Basatanya. Verwandtschaftsverhältnisse weisen auf stabile, geschlossene Gesellschaften hin, die Veränderungen intern vollzogen.
Mobilität und Offenheit bei Grenzgruppen
In Urziceni-Vamă, nahe der heutigen ungarisch-rumänischen Grenze, sah das anders aus. Dort fanden Archäologen kaum Hinweise auf enge Verwandtschaften. Stattdessen zeigten genetische Analysen eine größere Vielfalt, vor allem bei den Frauen. Dies spricht für Heiraten mit Partnern von außerhalb. Die Gesellschaft dort war offenbar offener gegenüber Fremden. Diese Erkenntnisse zeigen, wie unterschiedlich soziale Strukturen im Donauraum gestaltet waren – selbst über kurze Entfernungen hinweg.