US-Wissenschaftler und Klimaforscher weltweit schlagen Alarm: Die USA stellen die Verarbeitung und Weitergabe zentraler Satellitendaten zur Beobachtung von Meereis in der Arktis und Antarktis zum 31. Juli ein. Betroffen ist das Verteidigungsministerium, das bisher Satelliten betrieb, deren Daten u. a. vom National Snow and Ice Data Center (NSIDC) genutzt werden.
Meereis: Frühwarnsystem für Erderwärmung
Die Beobachtung des Meereises ist ein wichtiges Frühwarnsystem, so Dr. Alex Fraser vom Australian Antarctic Program Partnership: „Es ist unser Herzfrequenzmonitor für den Planeten – er zeigt, ob der Patient kurz vor dem Herzstillstand steht.“ Ohne kontinuierliche Daten fehle der Vergleich zu Jahrzehnten davor.
Meereis reflektiert Sonnenenergie. Schmilzt es, absorbieren offene Ozeane mehr Wärme, was die Erderwärmung beschleunigt. Zwar hebt schmelzendes Meereis den Meeresspiegel nicht direkt an, aber es schützt vorgelagerte Schelfeise, die wie ein Korken auf Flüssen aus Landeis wirken. Brechen diese weg, kann Landeis schneller ins Meer fließen – und direkt den Meeresspiegel steigen lassen.
Forschung schlägt Alarm
Neue Studien, die auf den US-Daten basieren, zeigen: Rekordtiefstände beim antarktischen Meereis lassen Schelfeise stärker brechen – es entstehen mehr Eisberge, was aktuelle Meeresspiegelmodelle bislang unterschätzen.
Dr. Sue Cook vergleicht Schelfeise mit einem Flaschenverschluss: Wenn dieser bricht, fließt mehr Landeis ins Meer.
Ersatz ist unsicher
Das NSIDC arbeitet daran, Daten aus anderen Satelliten zu nutzen, doch diese sind nicht direkt vergleichbar. Laut Senior-Wissenschaftler Dr. Walt Meier wird es schwierig, eine konsistente Langzeitreihe zu garantieren. Auch neue Sensoren könnten Ausfälle der alten Technik nicht 1:1 ersetzen.
Grund für den Stopp: veraltete Technik
Die US-Navy bestätigte, dass die Daten aus dem Defense Meteorological Satellite Program (DMSP) eingestellt werden. Die Begründung: Das Programm erfülle nicht mehr die Anforderungen an moderne IT-Systeme. Eine endgültige Einstellung ist für 2026 vorgesehen.
Bedeutung für die Klimaforschung
Der Stopp kommt zu einem kritischen Zeitpunkt: Rekordwerte bei Schmelze und Eisverlust häufen sich, gleichzeitig droht die Überwachungslücke. Experten befürchten mehr Unsicherheit bei Schätzungen zum Meeresspiegelanstieg und Artenverlust, wie das Massensterben von Kaiserpinguin-Küken 2022 zeigt.
Fazit: Ohne Ersatz droht der Klimaforschung ein herber Rückschlag – ausgerechnet in einer Phase, in der präzise Daten für Politik und Wissenschaft wichtiger denn je wären.