Ein Bagger zerlegt behutsam das Vordach der Christuskirche in Hägendorf. Seine Zange packt die Dachrinne und reißt Teile ab. Stück für Stück landet das Kirchengebäude im Schuttcontainer. Für Bauleiter Patrick Kellerhals ist es das erste Mal, dass er eine Kirche abträgt. Er arbeitet vorsichtig, doch am Ende übernehmen schwere Maschinen. In der Schweiz verschwinden Kirchen öfter als gedacht: In 25 Jahren wurden elf Kirchen abgerissen, fünf weitere folgen bald. Die meisten Gotteshäuser bleiben aber erhalten, viele stehen unter Denkmalschutz.
Grundstück statt Glaubenshaus
Kirchen verschwinden meist, wenn ihre Mauern bröckeln und Sanierungen zu teuer werden – wie in Hägendorf. Dort sackte der Boden ab, Risse durchzogen die Wände. Experten wie Johannes Stückelberger sehen noch einen anderen Grund: Beste Innenstadtlagen machen Grundstücke attraktiv für neue Nutzungen. Auf ehemaligen Kircharealen entstehen Altersheime, Kitas oder Sozialwohnungen. Manchmal bleibt eine Kapelle bestehen, wie bei der Überbauung Christophorus in Basel. Auch in Genf findet man solche Mischlösungen immer häufiger.
Abschied mit Wehmut – und Zustimmung
Die Christuskirche war seit Jahren baufällig. 2018 fand dort der letzte Gottesdienst statt. Die Gemeinde zog nach Olten um. Beim Abschied im Frühling flossen Tränen. Viele Besucher erinnerten sich an Taufen und Hochzeiten. Pfarrer Daniel Konrad sprach vom emotionalen Abschied. Trotzdem unterstützen viele Gläubige den Abriss. Die Schäden machten eine Reparatur unmöglich. Die Gemeinde beschloss einstimmig den Rückbau und den Verkauf des Grundstücks. Dort entstehen nun Wohnungen. Ein Teil bleibt erhalten: Die Glocke der Kirche wird weiterleben.