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Neuer Forschungsreaktor im Aargau: Debatte um Sicherheit und Zulassung

by Verena Steinberger
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Im Aargau soll bis 2026 ein innovativer Atomreaktor getestet werden. Diese Zusammenarbeit zwischen dem dänischen Unternehmen Copenhagen Atomics und dem Schweizer Paul-Scherrer-Institut (PSI) sorgt für Diskussionen. Kritiker warnen vor möglichen Sicherheitsrisiken, während Befürworter die Technologie als sicher und zukunftsweisend sehen.

Projektziel: Ein Reaktor für die Zukunft

Der Prototyp des Reaktors wurde bereits in Dänemark entwickelt, darf dort jedoch nicht betrieben werden. Ab 2026 soll er in der Schweiz getestet werden. Der Container-Reaktor kann im Vollbetrieb bis zu 80.000 Haushalte mit Strom versorgen. Langfristig plant Copenhagen Atomics, die Technologie weltweit zu vermarkten und Reaktoren in Serie zu produzieren.

Ein Vorteil des Standortes Schweiz ist die Möglichkeit, Forschungsreaktoren zu betreiben. Dies ist in Dänemark gesetzlich untersagt. Die Wahl des PSI zeigt die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie.

Kritik an Sicherheitsstandards und mangelnder Erfahrung

Trotz der innovativen Technologie gibt es deutliche Kritik. Nils Epprecht von der Schweizerischen Energiestiftung verweist auf das Fehlen von Erfahrungswerten. “Auch kleinere Anlagen können bei Unfällen gravierende Auswirkungen haben,” betont er. Auch Mitte-Nationalrat Reto Nause äußert Sicherheitsbedenken. Er hinterfragt die Robustheit der Reaktorhülle und fordert strengere Prüfungen.

Andreas Pautz vom PSI entkräftet diese Vorwürfe. Der Reaktor werde gemäß Schweizer Kernenergiegesetz als „Anlage mit geringem Gefährdungspotenzial“ eingestuft. Zudem seien umfassende Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Eine massive Halle schütze den Reaktor, und die Leistung sei für Tests auf ein Minimum reduziert.

Technologische Vorteile und Sicherheitsmechanismen

Der Reaktor basiert auf einer Salzschmelztechnologie, die viele Risiken herkömmlicher Reaktoren eliminiert. Bei Überhitzung fließt das spaltbare Material automatisch in ein Sicherheitsgefäß. Dort kühlt es ohne Eingreifen ab und wird sicher eingeschlossen. Dieser Mechanismus macht eine Kernschmelze physikalisch unmöglich.

Zudem kann der Reaktor mit alternativen Brennstoffen wie Thorium oder Abfällen aus bestehenden Kernkraftwerken betrieben werden. Diese Flexibilität könnte die Technologie besonders nachhaltig machen.

Politische Debatte und Forderungen nach Transparenz

Im Parlament hat das Projekt eine Debatte ausgelöst. Reto Nause fordert vom Bundesrat detaillierte Informationen zur Sicherheit und Zulassung des Reaktors. Er kritisiert, dass das eidgenössische Nuklearinspektorat (Ensi) keine standardisierten Prüfverfahren anwendet. Diese Praxis berge das Risiko willkürlicher Entscheidungen.

Epprecht unterstützt diese Forderungen. Bereits 2021 empfahl die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) eine Richtlinie für Forschungsreaktoren. Laut Epprecht sei diese jedoch bisher nicht umgesetzt worden.

Andreas Pautz widerspricht. Das Verfahren sei transparent und erfülle internationale Standards. Wo nötig, werde auf die Expertise internationaler Partner zurückgegriffen.

Perspektive: Kommerzielle Nutzung und Energieversorgung

Langfristig plant Copenhagen Atomics, mehrere Reaktoren in Containern zu einer Einheit zusammenzuschließen. Solche Anlagen könnten eine Leistung von bis zu einem Gigawatt erreichen, vergleichbar mit großen, herkömmlichen Atomkraftwerken. Dieses Konzept könnte weltweit eingesetzt werden und neue Maßstäbe in der Energieversorgung setzen.

Das geplante Forschungsprojekt im Aargau ist somit ein erster Schritt, der sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Ob die Technologie die Sicherheits- und Nachhaltigkeitsversprechen erfüllt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.


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