Zellen, die das Altern vorantreiben
Wissenschaftler in Memphis, Tennessee, arbeiten an fortschrittlichen Ansätzen, um altersbedingte Erkrankungen besser zu behandeln und das Altern zu verzögern. Am St. Jude Children’s Research Hospital untersucht Greg Armstrong Anti-Ageing-Therapien bei ehemaligen Kinderkrebspatienten. Diese Patienten altern oft schneller als Gleichaltrige aufgrund intensiver Chemo- und Strahlentherapien.
“85 % der Kinder überleben ihre Krebserkrankung, aber oft mit langfristigen Gesundheitsproblemen,” erklärt Armstrong. Viele dieser Patienten leiden früh an chronischen Erkrankungen wie Herzproblemen oder Schlaganfällen. Untersuchungen zeigen, dass sie mit 30 Jahren oft eine körperliche Verfassung wie 70- bis 80-Jährige haben. Die Ursache ist Zellseneszenz – ein Zustand, in dem Zellen aufhören zu funktionieren und entzündliche Moleküle freisetzen, die Alterung und Krankheiten fördern.
Derzeit testet Armstrongs Team Senolytika, darunter das Chemotherapeutikum Dasatinib und den Pflanzenstoff Quercetin, an rund 50 Patienten. Ziel ist es zu prüfen, ob diese Medikamente die körperliche Leistungsfähigkeit verbessern und die Lebensdauer verlängern können.
Fortschritte und Herausforderungen bei Senolytika
Tierversuche liefern vielversprechende Ergebnisse: Bei Mäusen mit altersbedingten Erkrankungen zeigte sich, dass Senolytika geschädigtes Gewebe regenerieren können. “Das Risiko-Nutzen-Verhältnis muss jedoch sorgfältig abgewogen werden,” betont Johannes Grillari vom Ludwig Boltzmann Institut in Wien. Für gesunde Menschen ist es essenziell, mögliche Risiken zu minimieren, bevor diese Therapien breit eingesetzt werden. Dennoch könnten Senolytika künftig bei Alzheimer, Lungenerkrankungen und zur Verjüngung von Spenderorganen Anwendung finden.
Besonders bei älteren Spenderorganen könnten Senolytika helfen, da diese oft seneszente Zellen enthalten, die Entzündungen fördern und die Wahrscheinlichkeit einer Abstoßung erhöhen. Durch die Reduktion dieser Zellen könnten Transplantationsergebnisse verbessert werden.
Der nächste Schritt in der Anti-Ageing-Medizin
Nicht alle seneszenten Zellen sind schädlich, erklärt Tohru Minamino von der Juntendo Universität in Japan. Einige sind essenziell, beispielsweise bei der Wundheilung. Minamino entwickelt derzeit einen “Alterungsimpfstoff,” der gezielt schädliche seneszente Zellen angreift. Erste Studien an Mäusen zeigen ermutigende Ergebnisse, darunter eine verlängerte Lebensspanne.
Trotzdem gibt es noch viele offene Fragen. Stijn Meijnikman, der in den Niederlanden eine Senolytika-Studie bei Lebererkrankungen leitet, betont, dass der Körper auch regenerationsfähig sein muss. “Das Entfernen schädlicher Zellen reicht nicht aus, wenn keine neuen Zellen nachwachsen,” erklärt er. Dennoch bleibt die Vision bestehen: Anti-Ageing-Therapien könnten eines Tages helfen, das Altern zu verlangsamen und die Lebensqualität weltweit zu verbessern.