Ann Telnaes verlässt Zeitung nach abgelehntem Karikatur-Entwurf
Pulitzer-Preisträgerin Ann Telnaes hat die Washington Post nach der Ablehnung einer ihrer Karikaturen verlassen. Die Zeichnung zeigte Facebook-Chef Mark Zuckerberg und Amazon-Gründer Jeff Bezos kniend mit Geldsäcken zu Füßen einer Statue von Donald Trump, dem künftigen US-Präsidenten.
Telnaes erklärte, die Karikatur kritisiere, wie Tech- und Medienmilliardäre versuchten, sich bei Trump einzuschmeicheln. „Um es klarzustellen: Skizzen wurden schon abgelehnt oder überarbeitet, aber niemals wegen der inhaltlichen Aussage,“ sagte sie. Telnaes, seit 2008 bei der Zeitung tätig, bezeichnete die Entscheidung als Wendepunkt und Gefahr für die Pressefreiheit.
Redaktion verteidigt Ablehnung der Karikatur
David Shipley, Meinungsredakteur der Washington Post, wies die Kritik von Telnaes zurück und verteidigte die Ablehnung. In einer Stellungnahme, die von der New York Times zitiert wurde, erklärte Shipley, die Karikatur sei abgelehnt worden, um Wiederholungen zu vermeiden. Andere Beiträge in derselben Ausgabe hätten bereits ähnliche Themen behandelt.
„Nicht jede redaktionelle Entscheidung ist Ausdruck böser Absicht,“ betonte Shipley. Er erklärte, dass die Entscheidung auf inhaltlichen Überlegungen basierte und nicht auf dem Versuch, Kritik oder Meinungsfreiheit zu unterdrücken.
Diskussion um Eigentümer Bezos und redaktionelle Unabhängigkeit
Jeff Bezos, Eigentümer der Washington Post seit 2013, steht erneut wegen seines möglichen Einflusses auf redaktionelle Entscheidungen in der Kritik. Bezos hat mehrfach betont, die Zeitung nicht für persönliche Interessen zu nutzen. Dennoch flammten die Diskussionen im November erneut auf, als die Post beschloss, keine Wahlempfehlung für Kamala Harris, Trumps Gegenkandidatin, auszusprechen.
In den USA gehört die Veröffentlichung von Wahlempfehlungen zur Tradition großer Zeitungen, auch bei der Washington Post. Die Entscheidung, Harris nicht zu unterstützen, sorgte bei Lesern und in der Redaktion für Unmut.
Der Konflikt um die abgelehnte Karikatur von Telnaes hat die Diskussion über künstlerische Freiheit und die Rolle von Medieninhabern neu belebt. Der Vorfall verdeutlicht die Herausforderungen, redaktionelle Unabhängigkeit in einem von Eigentümerinteressen und politischem Druck geprägten Umfeld zu bewahren.