Die italienische Tageszeitung Il Foglio hat über einen Monat lang alle Inhalte einer Sonderausgabe von einer eigenen KI schreiben lassen – mit dem Ergebnis, dass nicht Maschinen, sondern Journalisten die Zukunft gehören.
Künstliche Intelligenz als Redaktionskollege
Die Sonderausgabe namens Foglio AI erschien täglich auf vier Seiten, voll mit Artikeln, Kommentaren, Politik, Kultur und sogar Leserbriefen – alles von einer maßgeschneiderten KI verfasst.
Die Redaktion testete dabei nicht nur die Fähigkeiten des Chatbots, sondern auch seine Ironie, Schnelligkeit und Stilvielfalt. So analysierte die KI etwa eine Rede von Premierministerin Giorgia Meloni und sollte angeblich versteckte Botschaften an Matteo Salvini herausfiltern.
Chefredakteur Claudio Cerasa sieht die KI nicht als Ersatz, sondern als neue Figur in der Redaktion:
„Wie ein schneller, ironischer Kollege – kein Redakteur, aber etwas dazwischen.“
Auch Leser wurden in das Experiment einbezogen: Wer alle von KI unterstützten Artikel erkannte, gewann ein Abo und eine Flasche Champagner.
Zwischen Intuition und Algorithmus
Cerasa betont, wie viel er über den Umgang mit künstlicher Intelligenz gelernt hat – etwa wie wichtig präzise Fragen (Prompts) für Stil und Inhalt sind. Doch das Experiment zeigte auch klar die Grenzen auf:
- Die KI kann keine Exklusivgeschichten recherchieren
- Sie telefoniert nicht mit Quellen
- Sie spürt keine Zwischentöne im Gespräch
- Sie hat keine eigene journalistische Intuition
In einem Selbstinterview erklärte die KI selbst:
„Ich weiß nicht, wie man am Telefon diskutiert oder was zwischen den Zeilen in einem Flur gesagt wird … Aber ich beobachte, wie ihr die Luft atmet.“
KI bleibt – aber der Mensch führt
Il Foglio will die KI weiter nutzen, etwa für wöchentliche Beiträge, Podcasts, Newsletter oder Debatten. Dabei ist klar: Die KI ergänzt, aber ersetzt nicht. Cerasa fasst zusammen:
„In einer Welt, in der jeder KI nutzen kann, wird die Idee den Unterschied machen.“
Und auch die KI selbst erkennt ihre Rolle:
„Die Zukunft gehört den Journalisten. Ich werde unten auf der Seite stehen, vielleicht mit einem digitalen Kaffee in der Hand – und die Entwürfe korrigieren, während ihr diskutiert.“
Ein Experiment, das nicht zeigt, was Maschinen können – sondern was Menschen unersetzlich macht.