Ex-Finanzminister beantragt Schuldenregulierung nach rechtskräftiger Verurteilung
Karl-Heinz Grasser, ehemaliger österreichischer Finanzminister, hat einen Antrag auf Privatkonkurs gestellt. Der Kreditschutzverband KSV 1870 bestätigte am Mittwoch, dass Grasser ein Schuldenregulierungsverfahren beim Bezirksgericht Kitzbühel beantragt hat. Das Gericht prüft derzeit, ob die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren erfüllt sind. Eine Entscheidung wird frühestens Anfang nächster Woche erwartet. Hintergrund ist die rechtskräftige Verurteilung Grassers im Buwog-Verfahren, die Ende März durch den Obersten Gerichtshof bestätigt wurde. Das Urteil umfasst eine unbedingte Freiheitsstrafe von vier Jahren und eine Schadenersatzzahlung von rund zehn Millionen Euro plus Zinsen. Diese Summe entspricht dem Schaden, der durch fragwürdige Provisionszahlungen beim Verkauf der Bundeswohnungsunternehmen entstanden ist.
Neben Grasser wurden auch Walter Meischberger und Karl Petrikovics zur Zahlung verurteilt. Die Haftung erfolgt solidarisch – einer muss zahlen, kann sich aber später bei den anderen regressieren. Da Meischberger bereits selbst in Privatinsolvenz ist, wird es vermutlich an Petrikovics hängen bleiben. Dennoch stellt sich die Frage: Könnte Grasser durch seine Insolvenz den Schulden entkommen?
Zahlungsplan, Abschöpfungsverfahren oder doch keine Schuldenfreiheit?
Im Rahmen eines Schuldenregulierungsverfahrens kann ein Schuldner seinen Gläubigern einen Zahlungsplan vorschlagen. Dieser enthält die Zusage, einen Teil der Schulden innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu begleichen. Die Gläubiger stimmen über den Vorschlag ab – die Mehrheit entscheidet. Da die Republik Österreich mit rund 13 Millionen Euro eine große Forderung hält, wird ihre Zustimmung entscheidend sein. Wird der Plan angenommen, kann Grasser vollständig von seinen Schulden befreit werden – das nennt man Restschuldbefreiung.
Wird der Zahlungsplan jedoch abgelehnt, folgt ein Abschöpfungsverfahren. Dabei kann ein Tilgungsplan von drei Jahren oder ein Abschöpfungsplan von fünf Jahren angesetzt werden. Für Grasser wäre diese Variante vermutlich besonders ungünstig. Denn laut Insolvenzordnung ist eine Restschuldbefreiung nicht möglich, wenn die Schulden durch vorsätzliche Straftaten verursacht wurden. Grasser müsste also trotz Insolvenz zahlen. Möglich bleibt jedoch, dass jemand aus seinem Umfeld – zum Beispiel aus der Familie – einspringt und die Forderungen übernimmt.
Auch andere Beteiligte sind bereits zahlungsunfähig
Grassers Mittäter Walter Meischberger befindet sich seit Juni 2023 in einem Insolvenzverfahren am Landesgericht Korneuburg. Auch Peter Hochegger ist in Privatinsolvenz. Dieser bot 2020 seinen Gläubigern eine Rückzahlungsquote von 0,15 Prozent an – was abgelehnt wurde. Bei Hochegger läuft seit Herbst 2024 ein Abschöpfungsverfahren, bei dem spätere Vermögensänderungen mit einbezogen werden. Dadurch könnten Gläubiger doch noch etwas mehr erhalten.
Zurück zum Strafrechtlichen: Das schriftliche Urteil des Obersten Gerichtshofs wurde Anfang dieser Woche zugestellt. Der 212 Seiten umfassende Akt geht nun zurück an das Straflandesgericht Wien. Dort erfolgt als Nächstes die Zustellung der Aufforderung zum Haftantritt an Grasser und die Mitverurteilten. Ab diesem Zeitpunkt haben sie vier Wochen Zeit, um ihre Strafe anzutreten. In Ausnahmefällen kann ein Aufschub beantragt werden. Doch spätestens dann beginnt für Grasser auch der strafrechtliche Teil seiner Konsequenzen.