US-Wirtschaft schwächelt – Anleger wenden sich ab
Der US-Dollar fiel am Donnerstag auf den niedrigsten Stand seit über drei Jahren, während der britische FTSE 100-Index ein neues Allzeithoch von 8.884 Punkten erreichte. Die Entwicklungen spiegeln die wachsende Unsicherheit über die wirtschaftliche Lage in den USA und die unkalkulierbare Handelspolitik unter Präsident Donald Trump wider.
Trump hatte erneut mit einseitigen Zöllen gedroht und angekündigt, in ein bis zwei Wochen entsprechende Schreiben an verschiedene Länder zu versenden. Diese Aussagen sowie signale für bevorstehende Zinssenkungen durch die US-Notenbank (Fed) führten dazu, dass Anleger den Dollar mieden. Stattdessen stiegen der Yen und der Euro um jeweils rund 1 % gegenüber dem Dollar – insgesamt hat der Dollar seit Jahresbeginn fast 10 % an Wert verloren.
Zinssenkungserwartungen und schwache Arbeitsmarktdaten belasten Dollar
Die US-Arbeitsmarktzahlen zeigen eine nachlassende Dynamik. Die vierwöchige Durchschnittszahl neuer Arbeitslosenanträge stieg im Mai auf 240.250 – den höchsten Stand seit August 2023. Zeitgleich sank die Inflation auf Verbraucher- und Produzentenseite, was Spekulationen über baldige Zinssenkungen durch die Fed verstärkte.
„Es gibt eindeutig massiven Verkaufsdruck auf den Dollar“, sagte Kit Juckes, Devisenstratege bei Société Générale. Auch die Unsicherheit über Trumps Wirtschaftskurs dämpft das Vertrauen in die US-Währung.
FTSE 100 profitiert von globaler Kapitalrotation
Am britischen Aktienmarkt zeigte sich eine andere Stimmung: Der FTSE 100 verzeichnete neue Rekordwerte, da Anleger zunehmend auf geografische Diversifikation setzen und ihre Abhängigkeit vom US-Markt reduzieren wollen. „Zum ersten Mal seit Jahren wird TINATA – There Is No Alternative To America – infrage gestellt“, erklärte Neil Wilson von Saxo Markets.
Indien und die USA stehen laut Berichten unterdessen in einem Handelskonflikt über Zölle auf Stahl, Aluminium und Pharmazeutika, der zu Gegenmaßnahmen seitens Neu-Delhis führen könnte. Bloomberg zufolge lehnt Indien US-Forderungen etwa zur Einfuhr gentechnisch veränderter Pflanzen und zur Lockerung von Preiskontrollen für Medizinprodukte ab.
Pfund legt zu – aber britische Wirtschaft bereitet Sorgen
Das britische Pfund stieg kurzzeitig auf fast 1,36 US-Dollar, wurde aber durch Konjunktursorgen gebremst. Die britische Wirtschaft schrumpfte im April um 0,3 %, was Spekulationen über eine frühere Zinssenkung durch die Bank of England auslöste – womöglich schon im August. Die nächste Sitzung findet kommende Woche statt, allerdings wird vorerst keine Änderung des Leitzinses von 4,25 % erwartet.
Vertrauen in US-Wachstum schwindet
Laut Vasileios Gkionakis, Ökonom bei Aviva Investors, sinkt das Vertrauen in anhaltend starkes Wachstum unter Trump. Geplante Steuersenkungen und weiter steigende Staatsverschuldung belasten das Investitionsklima. Investoren würden künftig höhere Zinsen und einen schwächeren Dollar verlangen, um dem US-Markt Kapital zuzuführen.
Die aktuelle Dollar-Schwäche und Kapitalumverteilung an den Finanzmärkten markieren damit einen entscheidenden Moment geopolitischer Neuorientierung, bei dem Europa und andere Märkte stärker in den Fokus rücken.