Am Vorabend der deutschen Bundestagswahl feiert die Berlinale ihren neuen Goldenen-Bär-Gewinner. Die 75. Ausgabe des Festivals verlief deutlich ruhiger als im vergangenen Jahr.
Ein Gewinner, der Träume wahr werden lässt
Die Berlinale-Jury unter Leitung des US-Filmemachers Todd Haynes wählte aus 19 Wettbewerbsfilmen ihren Sieger: Der Goldene Bär für den besten Film ging an Drømmer (Dreams (Sex Love)) des norwegischen Regisseurs Dag Johan Haugerud.
Der Film erzählt von einer 17-jährigen Schülerin, die sich in ihren Lehrer verliebt und ein autobiografisches Buch über ihre Gefühle schreibt. Er bildet den Abschluss von Haugeruds Sex / Love / Dreams-Trilogie, die sich mit emotionaler und körperlicher Intimität beschäftigt.
„Das ist jenseits meiner kühnsten Träume,“ sagte Haugerud bei der Preisverleihung. „Schreibt mehr und lest mehr – es erweitert den Geist und tut gut.“
Die weiteren Preisträger
Den Silbernen Bären – Großer Preis der Jury erhielt O último azul (The Blue Trail) des brasilianischen Regisseurs Gabriel Mascaro. Der Film spielt in einem dystopischen Brasilien, in dem ältere Menschen von der Regierung geehrt, aber gleichzeitig zwangsweise in Seniorenkolonien isoliert werden.
Radu Jude, ehemaliger Gewinner des Goldenen Bären, sorgte für den „skandalösesten“ Moment des Abends. Er erhielt den Silbernen Bären für das beste Drehbuch (Kontinental ’25) und nutzte seine Dankesrede für einen politischen Seitenhieb:
„Ich hoffe, dass es nächstes Jahr nicht mit Triumph des Willens von Leni Riefenstahl losgeht!“ – ein deutlicher Kommentar zur erstarkenden AfD in Deutschland.
Der Silberne Bär der Jury ging an El Mensaje von Iván Fund, ein Film über ein Mädchen mit der Gabe, mit Tieren zu kommunizieren. Der Preis für die beste Regie wurde an Huo Meng für Living The Land verliehen, eine Reflexion über Chinas wirtschaftlichen Wandel in den 1990er Jahren.
Die Beste Hauptdarstellerin, Rose Byrne, wurde für ihre intensive Leistung in If I Had Legs I’d Kick You ausgezeichnet. Der Preis für die beste Nebenrolle ging an Andrew Scott für seine Darstellung in Richard Linklaters Blue Moon.
Für die herausragende künstlerische Leistung wurde Lucile Hadžihalilović mit La Tour de Glace (The Ice Tower) geehrt.
Ein weniger kontroverses Festival
Mit 330.000 verkauften Tickets war die Berlinale 2025 ein Publikumserfolg. Die Atmosphäre war positiver und weniger politisch aufgeladen als 2024, als die Preisverleihung von Kontroversen um den Dokumentarfilm No Other Land überschattet wurde.
Zwar begannen die diesjährigen Festspiele mit einer Anti-Trump-Rede von Jurypräsident Todd Haynes und einer feurigen Dankesrede von Ehrenpreisträgerin Tilda Swinton, doch das Festival konzentrierte sich stärker auf die Filme selbst statt auf politische Spannungen.
Berlinale-Chefin Tricia Tuttle betonte, dass sie sich für Meinungsfreiheit einsetzt. Sollte die AfD bei der Wahl morgen an Einfluss gewinnen, könnte dies jedoch auch die Berlinale verändern. „Falls die Regierung eine stärker nationale Ausrichtung will, bin ich nicht die richtige Person für diesen Job.“
Zum Abschluss des Abends erinnerte Ernesto Martinez Bucio, Gewinner des GFF Best First Feature Award, an eine einfache Botschaft:
„Wenn ihr euch zwischen Angst und Liebe entscheiden müsst – wählt immer die Liebe.“
Hier die Gewinner der 75. Berlinale auf einen Blick:
Wettbewerb
🏆 Goldener Bär – Bester Film
Drømmer (Dreams (Sex Love)) – Dag Johan Haugerud
🥈 Silberner Bär – Großer Preis der Jury
O último azul (The Blue Trail) – Gabriel Mascaro
🥉 Silberner Bär – Jurypreis
El Mensaje – Iván Fund
🎬 Silberner Bär – Beste Regie
Huo Meng für Living The Land
🎭 Silberner Bär – Beste Hauptdarstellerin
Rose Byrne in If I Had Legs I’d Kick You
🎭 Silberner Bär – Beste Nebenrolle
Andrew Scott in Blue Moon
✍️ Silberner Bär – Bestes Drehbuch
Kontinental ’25 – Radu Jude
🎨 Silberner Bär – Herausragende künstlerische Leistung
La Tour de Glace (The Ice Tower) – Lucile Hadžihalilović
Weitere Preise
🎥 GFF Best First Feature Award – Perspektiven
The Devil Smokes (and Saves the Burnt Matches in the Same Box) – Ernesto Martinez Bucio
📽️ Berlinale Bester Dokumentarfilm
Holding Liat – Brandon Kramer
🎞️ Kurzfilme
🏆 Goldener Bär – Bester Kurzfilm
Lloyd Wong, Unfinished – Lesley Loksi Chan
🥈 Silberner Bär – Jurypreis Kurzfilm
Ordinary Life – Yoriko Mizushiri
🏅 CUPRA Filmmaker Award
Quentin Miller für Koki, Ciao
Die Berlinale 2025 hat sich als starkes, künstlerisches Festival erwiesen – mit hoffentlich positiven Aussichten für die Zukunft des deutschen Films.