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Apple zwischen China und den USA: Ein zerreißendes Abhängigkeitsverhältnis

by Jasmin Gloor
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Apples globale Strategie wird zur Schwachstelle

Jedes iPhone trägt den Hinweis: entworfen in Kalifornien. Doch gefertigt wird es in China – meist unter Bedingungen, die direkt vom politischen Klima abhängen. Während das Design aus den USA stammt, entsteht die eigentliche Technik in chinesischen Werkhallen, dem Zentrum von Apples Produktionskette. Genau dort treffen Trumps drastische Zölle mit bis zu 245 Prozent besonders hart. Apple verkauft jährlich mehr als 220 Millionen iPhones, und laut Schätzungen stammen neun von zehn Geräten aus China. Dort werden die meisten Komponenten produziert, zusammengestellt und als fertige iPhones, iPads oder MacBooks exportiert – vor allem in die USA, Apples wichtigsten Absatzmarkt.

Letzte Woche strich Trump Smartphones und Computer kurzfristig von der Zollliste. Doch seine Aussagen machten sofort klar: Das war kein Freibrief. Die US-Regierung untersucht inzwischen die gesamte Elektronikkette – von Mikrochips bis hin zur Montage. Apples jahrelang gefeierte internationale Lieferkette wirkt plötzlich wie ein Risikofaktor. Die zwei größten Volkswirtschaften der Welt – USA und China – hängen wirtschaftlich stark voneinander ab. Doch die Zölle stören dieses Gleichgewicht massiv. Es stellt sich die entscheidende Frage: Wer ist abhängiger – China oder Apple?


Chinas wirtschaftlicher Aufstieg durch Apple

China profitierte enorm von Apples Präsenz im Land. Die Produktionslinien galten als Beweis für Chinas industrielle Qualität und beflügelten gleichzeitig technologische Entwicklungen im Inland. Bereits in den 1990er Jahren verkaufte Apple dort Computer über Partnerunternehmen. Als Apple 1997 in der Krise steckte, öffnete sich China verstärkt für ausländische Unternehmen – eine Gelegenheit, die Apple nutzte. 2001 begann der Tech-Riese in Zusammenarbeit mit einem Handelspartner aus Shanghai mit der Produktion vor Ort. Kurz darauf folgte die enge Partnerschaft mit Foxconn, das in China iPods, später iMacs und schließlich iPhones baute.

Zu Beginn fehlte China die nötige Infrastruktur für High-End-Elektronik. Doch Apple wählte gezielt Lieferanten aus und half ihnen beim Aufbau. Ein Beispiel ist Beijing Jingdiao. Die Firma verarbeitete einst einfache Kunststoffe und entwickelte sich – durch Apple gefördert – zum Hightech-Zulieferer für iPhone-Bauteile aus Glas. Als Apple 2008 seinen ersten Store in Peking eröffnete, feierte das Land gerade die Olympischen Spiele. Die Nachfrage war enorm, bald entstanden 50 weitere Stores. Mit den steigenden Umsätzen wuchs auch Apples Produktionsnetzwerk – Foxconn baute in Zhengzhou die größte iPhone-Fabrik der Welt: „iPhone City“. Apple wurde zur westlichen Ikone in einem Land, das selbst technologisch aufstieg.

Heute stammen die wichtigsten Chips von TSMC in Taiwan. Viele seltene Erden, etwa für Kameras und Lautsprecher, kommen aus China. 150 der 187 größten Apple-Zulieferer betrieben laut Nikkei Asia im Jahr 2024 Produktionsstätten in China. CEO Tim Cook betonte: „Es gibt keine Lieferkette, die für uns bedeutender ist.“


Trumps Wirtschaftspläne treffen Apple direkt

In seiner ersten Amtszeit gewährte Trump Apple noch Ausnahmen bei den Zöllen. Dieses Mal jedoch stellte er das Unternehmen öffentlich an den Pranger – bevor er einzelne Produkte doch wieder verschonte. Sein Ziel: US-Firmen sollen wieder im Inland produzieren. Handelsminister Howard Lutnick verkündete, künftig würden amerikanische Arbeitskräfte iPhones zusammenschrauben. Auch Sprecherin Karoline Leavitt bekräftigte: Die USA dürften bei kritischer Technologie wie Chips, Smartphones oder Laptops nicht auf China angewiesen sein. Unternehmen sollen nun unter Hochdruck ihre Produktion ins Inland verlagern.

Doch Fachleute zweifeln am Plan. Eli Friedman, früher Berater bei Apple, nennt die Idee einer US-Fertigung „reine Illusion“. Seit 2013 sprach Apple davon, sich unabhängiger von China zu machen. Doch ernsthafte Fortschritte blieben lange aus. Erst die Corona-Pandemie brachte Bewegung. Apple verlagerte Teile der Fertigung nach Vietnam und Indien. Trotzdem findet der Großteil der iPhone-Produktion weiterhin in China statt.

Ein Rückzug wäre für China ein herber Rückschlag. Der Export schafft Arbeitsplätze und sichert Einfluss im Welthandel. „Apple steht im Zentrum geopolitischer Spannungen“, meint Lieferkettenexperte Jigar Dixit. China reagiert nicht mit Nachgiebigkeit, sondern mit Gegenmaßnahmen: 125 Prozent Zölle auf US-Waren und Ausfuhrbeschränkungen für strategische Rohstoffe. Damit treffen sie die USA gezielt. Auch andere Länder geraten unter Druck. Vietnam, wo Apple inzwischen AirPods fertigt, sah sich Zöllen von 46 Prozent gegenüber – bevor Trump eine 90-Tage-Pause einräumte. Die Flucht in andere asiatische Länder ist daher keine einfache Lösung. „Alle geeigneten Standorte für Mega-Fabriken liegen in Asien – und alle sind jetzt Ziel neuer Zölle“, warnt Friedman.


Apple kämpft mit neuen Herausforderungen

Apple sieht sich nicht nur politischem Druck ausgesetzt – auch die Konkurrenz im chinesischen Markt wächst. Die Regierung unterstützt gezielt einheimische Marken wie Huawei, Xiaomi oder Oppo. Viele dieser Firmen nutzen nun dieselbe Lieferkette, die Apple einst aufgebaut hat. 2024 verlor Apple seine Marktführerschaft in China an Huawei und Vivo. Die Wirtschaft stagniert, Verbraucher halten ihr Geld zusammen. KI-Funktionen lassen sich schwer vermarkten, denn ChatGPT ist in China verboten. Um den Absatz anzukurbeln, senkte Apple im Januar ausnahmsweise die Preise.

Zudem geriet Apple politisch unter Druck. Die Regierung schränkte Airdrop und Bluetooth ein, um unerwünschte Nachrichten zu blockieren. Apple musste mitziehen. Selbst Tech-Größen wie Alibaba-Gründer Jack Ma gerieten ins Visier. Apple kündigte Investitionen von 500 Milliarden Dollar in den USA an – doch das könnte Trumps Regierung kaum besänftigen. Neue Strafzölle sind jederzeit möglich. Jigar Dixit glaubt: Solche Zölle würden Apple nicht ruinieren, aber enormen Druck erzeugen. Friedman meint zwar, die jüngste Ausnahme für Smartphones habe die unmittelbare Krise gemildert. Aber für Entspannung gebe es keinen Anlass: „Apple kann sich nicht zurücklehnen.“

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