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Neue Wege nach dem Regimewechsel

by Damian Huber
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Vor acht Monaten endete mit dem Sturz von Baschar al-Assad ein autoritärer Abschnitt der syrischen Geschichte. Die neue Führung stellt sich reformbereit und moderat dar. Dennoch kontrolliert eine kleine Gruppe weiterhin das Land, während religiöse Minderheiten Angst verspüren. Die Frage, ob echte Demokratie entstehen kann, bleibt unbeantwortet.

Als Damaskus im Dezember fast kampflos fiel, begann für viele Syrer ein neuer Abschnitt. Die islamistische Gruppierung Haiat Tahrir al-Scham (HTS) übernahm die Macht. Ihr Führer Ahmed al-Scharaa wurde zum Übergangspräsidenten ernannt. Laut einem UN-Bericht unterhält HTS keine Verbindung mehr zu al-Kaida. Bald nach der Machtübernahme fielen internationale Sanktionen – die USA strichen HTS sogar von ihrer Terrorliste. Beobachter sahen darin auch ein Gegengewicht zu Russland und Iran. Scharaa betonte bei einem Treffen mit Donald Trump in Riad seine Reformbereitschaft.

Vertrauen fehlt – besonders bei Minderheiten

In Syrien misstrauen viele Minderheiten der neuen Regierung. Die Führung besteht überwiegend aus sunnitischen Muslimen mit islamistischem Hintergrund. Zwar laden sie öffentlich zur Zusammenarbeit ein, sogar Kurden und Alawiten sitzen in der Regierung. Doch laut Expertin Bente Scheller bleibt die Macht bei ehemaligen HTS-Funktionären.

Versprochen wurde eine Entwaffnung aller Milizen und deren Eingliederung in eine nationale Armee. Doch viele bewaffnete Gruppen handeln weiterhin unabhängig. Immer wieder attackieren Kämpfer Minderheiten wie Christen und Drusen. Auch ein Terroranschlag auf eine Kirche erschütterte Damaskus – über 20 Menschen starben. Eine Splittergruppe mit Ex-HTS-Mitgliedern übernahm die Verantwortung. Das stellte die Autorität Scharaas infrage. Laut Experte Thomas Schmidinger ringt dieser damit, radikale Unterstützer zu bändigen und zugleich gemäßigt aufzutreten.

Demokratie bleibt unsicherer Traum

Auch Alawiten, einstige Stützen Assads, erleben Gewalt. Anfang März wurden mindestens 1.500 Alawiten getötet – viele sehen darin Vergeltung für frühere Unterdrückung. Laut Scheller fehlt auf allen Seiten Mitgefühl für das Leid der jeweils anderen Gruppe. Die Regierung zeigt sich pragmatisch: Sie schließt Deals mit kurdischen Milizen, begnadigt Assad-Offiziere und verfolgt Kriegsverbrecher nicht – alles „im Interesse des sozialen Friedens“.

Trotz Sanktionserleichterungen bleibt Syriens Wirtschaft am Boden. Laut Petra Ramsauer braucht das Land dringend wirtschaftlichen Aufschwung, ohne andere Reformen zu vernachlässigen. Sicherheit variiert stark zwischen Regionen. Die Regierung kontrolliert nicht das gesamte Land. Amnesty International nennt die Lage „völlig unberechenbar“. Für viele zählt funktionierende Infrastruktur mehr als politische Stabilität.

Die im März unterzeichnete Verfassung leitet eine fünfjährige Übergangszeit ein – danach sollen Wahlen folgen. Doch der Begriff „Demokratie“ bleibt bisher ausgespart. Die entscheidende Frage lautet: Wird Syrien überhaupt freie Wahlen erleben? Noch fehlt dem Land jeder Vergleich für ein demokratisches Modell. Syrien befindet sich in einem instabilen Gleichgewicht – bereit zu kippen oder sich zu stabilisieren. Die Entwicklung der gesamten Nahost-Region wird entscheidend sein.

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