Digitale Lösungen für eine alternde Gesellschaft
Samsung stellt sich auf steigende Gesundheitskosten im Jahr 2025 ein und fokussiert ältere Menschen, die selbstbestimmt zu Hause leben möchten. Die nächste Smartwatch-Aktualisierung ist Teil dieser Strategie, erläuterte Hon Pak, Leiter des Digital-Health-Teams in Samsungs Mobilsparte.
„Die Bevölkerung altert, chronische Krankheiten nehmen zu, gleichzeitig steigen die Kosten“, sagte Pak in einem Gespräch. „All das verlagert die Versorgung in die Haushalte – ein Umfeld, in dem Samsung bereits stark vertreten ist.“
Samsung setzt auf digitale Gesundheitsdienste, um Apple im Wearable-Bereich einzuholen oder sogar zu übertreffen. Beide Tech-Giganten erweitern ihr Gesundheitsangebot, da sinkende Smartphone-Verkäufe langfristige Kundenbindung umso wichtiger machen. Eine Betaversion der neuen Software erscheint im Juni für Galaxy Watch 5 und neuere Geräte. Einige Funktionen bleiben exklusiv für die neuesten Modelle.
Vernetzte Technik als Schlüssel zur Marktführung
Pak sieht Samsungs Stärke darin, bereits in vielen Haushalten mit Fernsehern und Haushaltsgeräten präsent zu sein. Diese Präsenz könnte helfen, Gesundheitstechnologie effektiv in den Alltag zu integrieren. Während Samsung laut Analysten Marktführer im Smartphone-Segment bleibt, liegt es bei Smartwatches zurück. IDC-Daten zeigen: Im ersten Quartal 2025 hielt Samsung etwa sechs Prozent Marktanteil – Apple dagegen rund 20 Prozent.
Apple gelingt es laut IDC-Analyst Jitesh Ubrani besser, seine Uhr als unverzichtbares Zubehör zu vermarkten. „Apple ist am nächsten dran, die Smartwatch zu einem Muss zu machen“, schrieb Ubrani.
Samsung will sich durch präventive Funktionen abgrenzen: Tipps zu Ernährung und Schlaf sollen helfen, Krankheiten vorzubeugen. Doch auch kleinere Akteure wie Oura oder große Konzerne wie Google setzen bereits auf ähnliche Technologien.
Pak kritisierte, dass medizinisches Personal oft nur auf einen Bruchteil der Gesundheitsdaten zugreifen kann. „Wir arbeiten mit weniger als einem Prozent der verfügbaren Patientendaten“, so Pak. „Wir wissen nicht, wie sich jemand ernährt oder ob er regelmäßig trainiert.“ Bevor er zu Samsung kam, war Pak Chief Medical Officer bei 3M Health Information Systems.
Künstliche Intelligenz und neue Wege der Gesundheitsüberwachung
Ein Highlight der neuen Smartwatch-Funktionen ist die Messung von Antioxidantien im Körper. Mithilfe von LED-Licht unterschiedlicher Wellenlängen analysiert die Uhr den Beta-Carotin-Wert in der Haut – ein Nährstoff, der in Spinat, Karotten und Süßkartoffeln steckt. Der Nutzer nimmt dazu die Uhr ab und aktiviert den Sensor auf der Rückseite.
Die Funktion schätzt den Antioxidantienstatus, ersetzt aber keine detaillierte Nahrungsanalyse. Sie wurde klinisch überprüft und basiert auf Blutwert-Vergleichen.
Weitere Features umfassen Schlafempfehlungen und einen digitalen Lauftrainer, der individuelle Trainingspläne erstellt. Apple stellte kürzlich eine ähnliche Funktion unter dem Namen Workout Buddy vor.
Ein weiteres Projekt in Entwicklung ist ein KI-gestützter Gesundheits-Chatbot. Pak verriet keine Details, da die Veröffentlichung noch nicht offiziell angekündigt wurde. Auch Apple arbeitet laut Medienberichten an einem solchen Tool.
Pak sieht auch in smarten Brillen großes Potenzial. Diese könnten mithilfe von KI analysieren, ob ein Essen Allergene enthält oder zu schnell gegessen wird. Schon heute gibt es Dienste, die Nährwerte per Fotoanalyse mithilfe von Tools wie ChatGPT oder Gemini bewerten.
„Technisch ist alles da“, erklärte Pak. „Wir müssen nur lernen, es sinnvoll zu verpacken.“
Samsung arbeitet an einer eigenen Brille mit Googles neuem Android-XR-Betriebssystem.
Ein Problem bleibt: Samsungs Uhren sind nicht mit iPhones kompatibel. Da Apple rund 20 Prozent des Smartphone-Markts kontrolliert, verliert Samsung dadurch potenzielle Nutzer. Die Kompatibilität wurde vor Jahren gestrichen, vermutlich um Nutzer im Samsung-Ökosystem zu halten.
Pak will eine zukünftige Zusammenarbeit mit Apple jedoch nicht ausschließen. „Wir führen dazu Gespräche“, sagte er. „Es gibt laufende Diskussionen, aber bisher keine Entscheidung zum Zeitpunkt.“