Mehrheit im Ständerat lehnt Vorstoß zur Gesetzesänderung ab
Ein Vorschlag zur Ausweitung des Strafrechts bei unterlassener Hilfeleistung hat im Ständerat keine Mehrheit gefunden. Die Initiative der Berner SP-Nationalrätin Tamara Funiciello zielte darauf ab, auch unterlassene Hilfe in Situationen potenzieller sexueller oder schwerer körperlicher Gewalt unter Strafe zu stellen. Sie blieb jedoch chancenlos: Mit 30 zu 13 Stimmen wurde der Vorstoß abgelehnt.
Funiciello reagierte damit auf ein Urteil des Bundesgerichts aus dem Jahr 2021, in dem ein Mann freigesprochen wurde, obwohl er eine Vergewaltigung nicht verhinderte, obwohl er die Situation kannte. Das sei rechtlich nicht erfasst, aber moralisch klar falsch, argumentierte sie.
Kritik: Rechtliche Unschärfen und Auswirkungen auf Prozesse
Die Mehrheit im Ständerat zeigte sich skeptisch. Die Rechtskommission verwies auf Schwierigkeiten bei der juristischen Definition von “schwerer Verletzung” und der Zumutbarkeit für mögliche Helfer. Eine Änderung auf Basis eines Einzelfalls sei nicht sachgerecht, hieß es.
Kommissionssprecher Beat Rieder (Mitte/VS) warnte zudem vor Folgen für Strafverfahren. Zeugen könnten künftig aus Angst vor Selbstbelastung keine Aussagen mehr machen. “Anstand lässt sich nicht gesetzlich verordnen”, sagte er.
Forderung nach mehr Schutz für Betroffene bleibt bestehen
Die Minderheit im Rat sah das anders. Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU) betonte, dass Frauen im Alltag oft begründete Angst vor sexuellen Übergriffen hätten. Ein klarer gesetzlicher Rahmen sei notwendig, um ihnen Schutz zu geben. Die Initiative war im Nationalrat zuvor noch unterstützt worden – nach der Ablehnung im Ständerat ist sie nun jedoch erledigt.