Extreme Naturereignisse zwingen Betreiber zum Handeln
Ein gewaltiger Felssturz bei Blatten hat die Risiken deutlich gemacht. Gletscherschmelze, instabile Hänge und Hochwasser gefährden die Wasserkraftwerke in den Alpen zunehmend. Betreiber müssen ihre Stauseen flexibler und schneller managen.
Das Wallis liefert den grössten Teil des Stroms aus alpiner Wasserkraft in der Schweiz. Bauwerke wie die Staumauer Grande Dixence speichern riesige Wassermengen. Im Pumpspeicherwerk Nant de Drance wird zusätzlich Wasser in höhere Becken gepumpt. So entsteht eine Art Strombatterie in den Bergen.
Auch der Stausee Ferden im Lötschental zählt zu wichtigen Anlagen. Als sich bei Blatten die Lage zuspitzte, griff Betreiber Enalpin rasch ein. Martin Gattlen berichtet, dass man Wasser abließ, um Platz für eine mögliche Flut zu schaffen. Gleichzeitig transportiert der Fluss Lonza Schlamm, Geröll und Holz in den See. Dadurch lässt sich das Wasser derzeit nicht zur Stromproduktion nutzen.
Bauwerke gelten weiterhin als sicher
Trotz der angespannten Lage bleibt laut Gattlen die Sicherheit der Staumauer unbestritten. Sie steht fest auf felsigem Untergrund. Die Überwachung von Naturgefahren gehört zum Standard – damals wie heute.
Auch Alpiq, Betreiber mehrerer Speicherwerke im Wallis, hält an seinem Kurs fest. Produktionsleiter André Murisier erklärt, dass man sämtliche Risiken ständig kontrolliere. Neben den Staumauern werden auch Hänge oberhalb der Seen beobachtet. Beim Stausee Gibidum entdeckte man rechtzeitig eine Bewegung im Gelände. Durch gezielte Massnahmen konnte die Stabilität wiederhergestellt werden.
Speicher gewinnen zusätzliche Bedeutung
Stauseen dienen künftig nicht nur der Stromerzeugung. ETH-Professor Robert Boes sieht in ihnen auch Schutzinstrumente. Bei Starkregen oder Bergstürzen können sie Wassermassen zurückhalten. Im Sommer bewahrte der Mattmark-Stausee das Saastal vor grossen Überschwemmungen. In Zermatt, ohne vergleichbaren Speicher, entstand hoher Schaden.
Boes betont zudem den Wert als Wasserspeicher für die Landwirtschaft. Schmelzende Gletscher führen zu weniger Wasser in Bächen. Stauseen könnten helfen, diese Lücke zu schließen.
Die Anforderungen an Wasserkraftwerke steigen deutlich. Stromproduktion, Hochwasserschutz und Bewässerung müssen zusammengedacht werden. Die kommenden Jahre verlangen technisches Können und politische Weitsicht.