Eine Untersuchung des Guardian hat aufgedeckt, dass fast 7.000 Studierende an britischen Universitäten beim Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT zum Schummeln überführt wurden – ein neuer Höchststand und laut Expert:innen nur die Spitze des Eisbergs.
Rasantes Wachstum von KI-Missbrauch – klassische Plagiate rückläufig
Im Studienjahr 2023/24 wurden 5,1 Fälle von KI-basiertem Schummeln pro 1.000 Studierende nachgewiesen – ein Anstieg gegenüber 1,6 im Vorjahr. Die Prognosen deuten darauf hin, dass diese Zahl 2024/25 weiter auf 7,5 Fälle pro 1.000 steigen könnte.
Gleichzeitig sinken die Fälle klassischen Plagiats kontinuierlich: von 19 pro 1.000 im Jahr 2019/20 auf nur noch etwa 8,5 aktuell. Die Einführung von KI-Schreibwerkzeugen hat die Art und Weise des Schummelns grundlegend verändert – von Copy-Paste zu „intelligentem“ Textgenerieren.
Universitäten kämpfen mit Nachweisproblemen und fehlender Erfassung
Von 155 angefragten Hochschulen lieferten 131 Daten. Doch mehr als ein Viertel von ihnen erfasste KI-Missbrauch im Studienjahr 2023/24 noch nicht separat. Viele Verstöße dürften deshalb unentdeckt bleiben – auch weil sich generierte Texte nur schwer nachweisen lassen.
Dr. Peter Scarfe (University of Reading) sagt, die bisherigen Entdeckungen seien „nur die Spitze des Eisbergs“. KI-Detektoren seien wenig zuverlässig und rechtssichere Beweise für generierte Inhalte kaum möglich. Zudem sei eine vollständige Rückkehr zu Präsenzprüfungen nicht realistisch.
Ein Experiment an der University of Reading zeigte, dass KI-generierte Texte in 94 % der Fälle unentdeckt blieben.
Studentische Nutzung vielfältig – von Täuschung bis Inklusion
Viele Studierende berichten, KI hauptsächlich als Hilfsmittel zu nutzen – etwa zur Ideensammlung, Strukturierung oder Formulierung. So schildert Studentin Amelia*, dass eine Kommilitonin mit Dyslexie KI verwendet, um ihre eigenen Argumente besser strukturieren zu können.
Allerdings finden sich auf Plattformen wie TikTok auch zahlreiche Anleitungen, wie KI-Texte so „vermenschlicht“ werden können, dass sie gängige Detektoren umgehen.
Hochschulen und Politik unter Handlungsdruck
Dr. Thomas Lancaster (Imperial College London) betont, dass Studierende einbezogen werden müssten, um das Verständnis für Prüfungsformate zu stärken. Statt mehr Klausuren zu fordern, plädiert er für assessments mit Fokus auf nicht automatisierbare Kompetenzen wie Kommunikation und Teamarbeit.
Der britische Staat reagiert mit Investitionen in Höhe von 187 Millionen Pfund in digitale Bildungsprogramme und kündigt Richtlinien für den Einsatz von KI in Schulen an.
Ein Regierungssprecher erklärte: „Generative KI bietet enormes Potenzial für Bildung und Wachstum. Doch ihr Einsatz erfordert sorgfältige Planung, um Chancen zu nutzen und Risiken zu minimieren.“