Amorim bleibt – doch das Vertrauen bröckelt
Nach der Niederlage gegen Tottenham reiste Manchester United am Donnerstag aus Bilbao ab – äußerlich gefasst, innerlich unter Hochspannung. Trainer Ruben Amorim genießt weiterhin öffentliche Rückendeckung. Er selbst betonte, den Klub sofort zu verlassen, sollte ihm das Vertrauen von Fans oder Führung fehlen. Doch intern denkt niemand über seinen Abgang nach. Amorim soll den Umbruch im Sommer leiten, der Klub vertraut auf seinen Plan. Die Hoffnung bleibt, bald zur englischen Spitze zurückzukehren. Doch das 0:1 gegen Tottenham war mehr als ein verlorenes Spiel – es besiegelt das Aus im internationalen Wettbewerb. Gleichzeitig offenbaren sich strukturelle Schwächen: Finanzprobleme, Entlassungswellen und sportlicher Stillstand setzen den Verein unter Druck. Dieser Bericht beleuchtet die finanziellen Folgen, die Transferstrategie, die Lage im Kader und den wachsenden Druck auf Amorim.
Verpasste Champions League reißt tiefe Löcher
In Kürze wird United seine Quartalszahlen offenlegen – die finanziellen Folgen der sportlichen Talfahrt werden sichtbar. Der Verlust der Champions-League-Teilnahme führt zu einem Rückgang von zehn Millionen Pfund im Adidas-Deal. Zwar verteilt sich der Betrag über zehn Jahre, doch bei weiteren Rückschlägen wächst der Schaden. Platz 16 in der Premier League bedeutet außerdem 33 Millionen Pfund weniger Preisgeld als ein fünfter Rang. Zusätzlich entgehen dem Klub Einnahmen aus Heimspielen der Königsklasse – jedes bringt rund 4,3 Millionen Pfund. Insgesamt belaufen sich die Verluste vorsichtig geschätzt auf 100 Millionen Pfund. Der Klub spart nun überall: Dienstreisen, Essenszuschüsse und weitere Vorteile wurden gestrichen. Eine zweite Entlassungsrunde trifft Personal in Medizin, Scouting und Analyse. Doch strukturelle Probleme bleiben – hohe Gehälter und Fehlinvestitionen auf dem Transfermarkt belasten das Budget weiterhin stark.
Neue Spieler nur bei Verkäufen möglich
United plant trotz der Krise Transfers – jedoch nur, wenn zuvor Verkäufe gelingen. Der Verein schuldet 272 Millionen Pfund an Transferrückzahlungen, davon werden 156 Millionen in diesem Sommer fällig. Hinzu kommen über 113 Millionen Pfund Verlust im letzten Geschäftsjahr sowie 14,5 Millionen Pfund Abfindung für Erik ten Hag und dessen Team. Dennoch will United Matheus Cunha verpflichten, der bei Wolverhampton eine Ausstiegsklausel von 62,5 Millionen Pfund besitzt. Dieser Transfer dürfte nur durch Einnahmen aus Spielerverkäufen realisierbar sein. Geschwindigkeit ist entscheidend: Je länger Verkäufe dauern, desto riskanter und teurer werden Neueinkäufe. Das zeigt der Sommer 2022, als ein misslungener Versuch bei Frenkie de Jong zu Panikkäufen führte – Casemiro und Antony kosteten zusammen 150 Millionen Pfund und erfüllten die Erwartungen nicht.
Spielerstatus wird neu bewertet
Kaum ein Spieler bei Manchester United gilt noch als unverkäuflich. Selbst Bruno Fernandes könnte bei einem passenden Angebot den Verein verlassen, obwohl offiziell das Gegenteil betont wird. Victor Lindelöf und Christian Eriksen werden nach Vertragsende keine neuen Angebote erhalten. Marcus Rashford akzeptiert seine Zukunft ohne Amorim, lehnt aber Gehaltseinbußen ab. Barcelona zeigt Interesse, doch finanzielle Engpässe bremsen mögliche Verhandlungen. Chelsea könnte Jadon Sancho per Klausel zurückholen, was United erneut unter Druck setzt. Auch Alejandro Garnacho steht nach Social-Media-Eklats in der Kritik. Chelsea bleibt aufmerksam. André Onana wird mit Saudi-Arabien in Verbindung gebracht, konkrete Angebote fehlen jedoch. Ersatztorwart Altay Bayındır sucht Spielpraxis und dürfte wechseln. Spieler wie Casemiro, Maguire, Shaw, Ugarte oder Mount stehen intern zur Diskussion – ebenso Højlund und Zirkzee, die trotz ihrer Gehälter mit einer Rückkehr nach Italien in Verbindung gebracht werden.
Amorim braucht sofortige Ergebnisse
Der Klub stärkte Amorim öffentlich nach dessen deutlichen Aussagen in Bilbao. Der Trainer sieht Fortschritte und verweist auf taktische Entwicklung. Ein Spielzug gegen Tottenham – ein Diagonalball von Casemiro auf Dorgu – diente ihm als Beleg. Doch solche Einzelaktionen reichen nicht aus. Mit nur sechs Siegen aus 26 Ligaspielen steht Amorim unter enormem Druck. In anderen europäischen Topligen wäre er wohl längst entlassen worden. Bei United hält man (noch) an ihm fest, doch die Geduld ist begrenzt. Spieler zweifeln an seinen Methoden, Ex-Profis kritisieren das junge Trainerteam. Amorims Zeit läuft – gelingt kein schneller Aufschwung, könnte die nächste Saison seine letzte sein.
Asientour: Einnahmen auf Kosten der Moral
Nach dem Ligaspiel gegen Aston Villa startet United eine Asientour mit zwei Freundschaftsspielen. Die Reise soll bis zu zehn Millionen Pfund einbringen. Bei Spielern stößt sie auf wenig Begeisterung, doch die Einnahmen sind notwendig. Ein Spiel gegen AC Mailand, ebenfalls ohne Europapokal, ist denkbar. Mehr Trainingszeit und weniger Pflichtspiele könnten sportlich helfen – gleichzeitig steigt die mediale Aufmerksamkeit. Interne Spannungen könnten schneller öffentlich werden. Manchester United bleibt ein globaler Fokuspunkt – selbst im sportlichen Tief. Die Aufmerksamkeit ist da. Nun muss der Klub beweisen, dass er sie auch verdient.