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US-Forschende erstellen bisher detaillierteste Schaltplan-Karte eines Säugetiergehirns

by Katharina Eberharter
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Wissenschaftler aus den USA haben die bisher umfassendste 3D-Karte neuronaler Verbindungen in einem Säugetiergehirn erstellt. Die Rekonstruktion zeigt die Struktur eines Kubikmillimeters der Sehrinde einer Maus mit 84.000 Neuronen, mehr als 500 Millionen Synapsen und rund 5,4 Kilometern neuronaler Verschaltung.

Einblicke in Aufbau und Kommunikation des Gehirns

Das Projekt mit dem Namen MICrONS zielte darauf ab, nicht nur die physische Struktur des Gehirns zu kartieren, sondern auch die elektrischen Signale zwischen den Nervenzellen zu untersuchen. Dadurch können Forschende besser verstehen, wie Nervenzellen kommunizieren und wie komplexe Prozesse wie Wahrnehmung und Gedächtnis entstehen.

Das Team am Baylor College of Medicine begann mit der Aufzeichnung von Gehirnaktivitäten bei einer Maus, während diese Videos und YouTube-Clips ansah. Anschließend schnitten Wissenschaftler des Allen Institute das entsprechende Hirnareal in über 25.000 extrem dünne Schichten, jede dünner als ein menschliches Haar, und fotografierten diese mit Elektronenmikroskopen.

Ein Team der Princeton University rekonstruierte die Bilder mithilfe von künstlicher Intelligenz zu einem vollständigen 3D-Modell. Die dabei entstandene Datenmenge beträgt 1,6 Petabyte – etwa so viel wie 22 Jahre HD-Video.

Neue Erkenntnisse über die Struktur des Gehirns

Dr. Clay Reid, Neurowissenschaftler am Allen Institute, beschreibt das Ergebnis als eine Art “feiner Wald“, durchzogen von komplexen und regelhaften Verbindungen. Die Analyse des winzigen Hirnareals ermöglichte es, bestehende Theorien zu überprüfen und völlig neue Erkenntnisse zu gewinnen – etwa neue Zelltypen und eine bislang unbekannte Form neuronaler Hemmung.

Bisher ging man davon aus, dass hemmende Neuronen allgemein Aktivität dämpfen. Doch nun zeigt sich, dass sie gezielt bestimmte Zellen beeinflussen, was auf ein koordiniertes System der Zusammenarbeit und Kontrolle im Gehirn hindeutet.

Ein Fahrplan für zukünftige Hirnforschung

Dr. Nuno da Costa vom Allen Institute vergleicht die Karte mit einer Art “Google Maps fürs Gehirn“. Sie soll künftig dabei helfen, gesunde Hirnstrukturen mit Modellen neurologischer Erkrankungen zu vergleichen – etwa bei Alzheimer, Parkinson, Autismus oder Schizophrenie.

Dr. David Markowitz von der US-Behörde IARPA, die das Projekt mitkoordiniert hat, nannte die Ergebnisse einen „Meilenstein für die Neurowissenschaften“, vergleichbar mit dem Humangenomprojekt in ihrer möglichen Tragweite.

Die Forschungsergebnisse wurden in mehreren Artikeln in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht und gelten als bahnbrechend für Medizin, Neurowissenschaft und künstliche Intelligenz.

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