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Deutschland will Europas Richtung bestimmen – doch in Berlin tobt der Machtkampf

by Jasmin Gloor
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BERLIN – Die nächste Bundesregierung will Europas geopolitische Stärke ausbauen. Doch intern gibt es Streit über die Zuständigkeit.

Ein vertraulicher Vertragsentwurf zeigt, wie CDU und SPD Europas sicherheitspolitische Fähigkeiten massiv stärken wollen. Trotzdem bleibt die Frage ungeklärt, wer bei Uneinigkeit entscheidet.

Beide Parteien verhandeln seit Wochen. Mehrere Arbeitsgruppen diskutieren zentrale Fragen, während Parteispitzen letzte Konflikte klären sollen.

Klare Einigkeit in der EU-Politik, aber mit einem entscheidenden Haken

Friedrich Merz, früherer Europaabgeordneter und designierter Kanzler, treibt die proeuropäische Linie der Union voran. Die Verhandler fanden in EU-Fragen fast vollständige Übereinstimmung.

Laut Entwurf wollen sie Europas militärische und politische Handlungsfähigkeit gezielt ausbauen – als Reaktion auf globale Umbrüche.

Russlands Angriff auf die Ukraine und der mögliche Rückzug der USA aus Europas Sicherheitsarchitektur machen schnelles Handeln nötig.

Die Koalition betont, Deutschland wolle künftig klare Führung zeigen. Die Vorgängerregierung wirkte hingegen oft zögerlich und uneinig.

„Wir werden alle Instrumente nutzen, um Europas strategische Autonomie zu stärken“, heißt es gleich zu Beginn des Entwurfs.

Beim nächsten langfristigen EU-Haushalt will Berlin Schwerpunkte auf Verteidigung und Wettbewerbsfähigkeit setzen, nicht auf bestehende Verteilungen.

Zudem plant das Bündnis, neue Beitrittskandidaten schrittweise zu integrieren – zunächst über Sitze im Parlament und Rat.

Die Parteien versprechen der Ukraine langfristige Unterstützung. Ihre Formulierung bleibt aber vorsichtiger als die mancher EU-Partner.

Sie fordern außerdem, außenpolitische Entscheidungen per Mehrheit zu treffen – statt durch Einstimmigkeit, wie bisher.

Ein EU-Vertragsmechanismus – die „Passerelle-Klausel“ – könnte das ohne Vertragsänderung ermöglichen.

Neben Frankreich und Polen will man künftig auch mit Italien und Spanien enger kooperieren – im Format „Weimar Plus“.

Der Kanzler gegen die Ministerien: Machtfrage spaltet Berlin

Ein zentrales Problem bleibt ungelöst: Wie spricht Deutschland mit einer Stimme, wenn intern keine Einigung besteht?

In der Vergangenheit enthielt sich Berlin oft bei EU-Abstimmungen – wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen Ministerien.

Die CDU schlägt vor, dass der Kanzler im Zweifel die Koordination übernimmt, um einheitliche Positionen sicherzustellen.

Diese Eingriffsmöglichkeit soll auf besonders strittige Themen beschränkt bleiben, betonen die Verhandler.

Die SPD lehnt den Vorschlag ab. Sie warnt vor einem Präzedenzfall und sieht darin eine Machtverschiebung zugunsten des Kanzleramts.

Ihr Gegenvorschlag: Die Regierung müsse bei Uneinigkeit rechtzeitig eine Position festlegen und dem Parlament mitteilen.

Das genügt der Union nicht. Denn selbst mit Fristen könnten Ministerien weiterhin keine Einigung finden – und sich enthalten.

Beide Seiten erkennen das Problem, doch ihre Lösungen bleiben unvereinbar. Nun müssen die Parteichefs den Streit beenden.

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