Der kanadische Premierminister Mark Carney nutzte einen Wahlkampftermin in Gander, Neufundland, um an die enge historische Verbundenheit mit den USA zu erinnern.
Sein Besuch erfolgte am zweiten Tag der Neuwahlkampagne, die er vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen mit Washington ausgerufen hatte.
Carney rief in Erinnerung, wie die Stadt Gander nach den Anschlägen vom 11. September 2001 rund 6.600 gestrandete US-Passagiere aufnahm.
Damals landeten 38 Flugzeuge in der Stadt mit nur 10.000 Einwohnern, nachdem die US-Lufträume gesperrt worden waren.
Die Einwohner öffneten ihre Häuser, Schulen, Kirchen und Feuerwachen, versorgten die Gäste mit Essen, Kleidung und Decken.
Carney bezeichnete diese Hilfsbereitschaft als beispielloses Symbol menschlicher Solidarität, das sogar als Vorlage für das Broadway-Musical „Come From Away“ diente.
„Kanadier standen immer an der Seite der Amerikaner“, sagte Carney. „Nun müssen wir für uns selbst Außergewöhnliches leisten.“
Zölle und Handelskrieg belasten die Freundschaft
Carney machte US-Präsident Donald Trump für die Verschlechterung der bilateralen Beziehungen verantwortlich.
„Diese Krise wurde durch den amerikanischen Präsidenten und seine Helfer verursacht – eine Freundschaft ging verloren“, sagte er.
Er betonte, die Verbindung zwischen den beiden Ländern sei heute stärker belastet als je zuvor.
Trump verhängte im März 25 Prozent Zölle auf kanadischen Stahl und Aluminium – Ottawa reagierte umgehend mit Gegenzöllen.
Betroffen waren US-Produkte wie Computer, Wasserboiler und Sportausrüstung.
Finanzminister Dominic LeBlanc erklärte: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Schlüsselindustrien angegriffen werden.“
Trump drohte daraufhin, alle kanadischen Waren ab dem 2. April mit Strafzöllen zu belegen.
Die wirtschaftlichen Spannungen sorgten für Unruhe an den Finanzmärkten, US-Aktienmärkte reagierten mit Kursverlusten.
Souveränität wird zentrales Thema der Wahl
Neben dem Handelsstreit provozierte Trump die Kanadier mit Aussagen, Kanada solle „zum 51. US-Bundesstaat“ werden.
Diese Aussagen lösten landesweite Empörung aus und verschärften die Debatte über Kanadas Souveränität.
Carney kritisierte: „Trump hat nicht nur den Ton verändert – er hat die Spielregeln gebrochen.“
Die US-Kanada-Beziehung sei damit zu einem zentralen Thema der anstehenden Wahl geworden.
Die Abstimmung, ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Liberalen und Konservativen, ist für den 28. April angesetzt.
Carney positioniert sich im Wahlkampf als Verteidiger der kanadischen Unabhängigkeit und Werte gegenüber einem zunehmend aggressiven Nachbarn.
Er appelliert an die Wählerschaft, sich gegen äußere Einmischung und wirtschaftlichen Druck zu stellen – und kanadischen Zusammenhalt zu wahren.