Die Gletscher der Erde schmelzen in alarmierendem Tempo und verlieren jährlich mehr Eis als die gesamte Menschheit in drei Jahrzehnten verbrauchen würde. Eine neue Studie in Nature zeigt, dass seit dem Jahr 2000 fast 7 Billionen Tonnen Gletschereis abgeschmolzen sind und den globalen Meeresspiegel um fast 2 Zentimeter erhöht haben. Besonders stark betroffen sind die Alpen, was die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen unterstreicht.
Gletscher schmelzen schneller als je zuvor
Seit der Jahrtausendwende haben Gletscher weltweit über 6.500 Milliarden Tonnen Eis verloren – ein Rückgang von 5 Prozent ihrer gesamten Masse. In den letzten zehn Jahren hat sich der Verlust beschleunigt: Während zwischen 2000 und 2011 jährlich durchschnittlich 231 Milliarden Tonnen abschmolzen, stieg die Rate zwischen 2012 und 2023 auf 314 Milliarden Tonnen pro Jahr. Im Jahr 2023 erreichte der Eisverlust mit 548 Milliarden Tonnen einen neuen Rekord.
Laut Studienmitautor Tyler Sutterley verschwinden Gletscher, die seit Jahrtausenden existieren. Die Forschung, durchgeführt von der Glacier Mass Balance Intercomparison Exercise (GlaMBIE), zeigt, dass Gletscher schneller abschmelzen als das Eis in Grönland und der Antarktis.
Besonders stark betroffen sind die Alpen, wo seit 2000 fast 40 Prozent der Gletscher verschwunden sind – mehr als in jeder anderen Region. Auch in Neuseeland, dem Nahen Osten und im Westen Nordamerikas sind die Gletscher um mehr als 20 Prozent geschrumpft.
Steigende Meeresspiegel und globale Folgen
Das Abschmelzen der Gletscher ist nach der Ausdehnung der Meere durch die Erwärmung die zweitgrößte Ursache für den Anstieg des Meeresspiegels. Die bereits verlorenen 7 Billionen Tonnen Eis haben die Ozeane um 2 Zentimeter ansteigen lassen. Laut NASA-Daten ist der globale Meeresspiegel seit 1992 bereits um mehr als 10 Zentimeter gestiegen – und die Geschwindigkeit nimmt weiter zu.
Professor Andy Shepherd von der Northumbria University warnt, dass jeder zusätzliche Zentimeter Meeresspiegelanstieg weitere 2 Millionen Menschen jährlich Überschwemmungen aussetzt. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahrzehnten weiter verschärfen, selbst wenn die Emissionen sinken. Gletscher reagieren langsam auf Klimaveränderungen, sodass das Abschmelzen selbst mit strengeren Klimaschutzmaßnahmen noch lange andauern wird.
Dennoch kann entschiedenes Handeln den Unterschied ausmachen. Die Studie zeigt, dass Klimaschutzmaßnahmen darüber entscheiden, ob ein Viertel der weltweiten Gletscher verloren geht oder fast die Hälfte, falls die Emissionen ungebremst weiter steigen.
“Jede vermiedene Zehntelgrad-Erwärmung kann Gletscher retten und katastrophale Folgen verringern”, betont Studienleiter Michael Zemp. Wissenschaftler fordern dringend Maßnahmen, um die globale Erwärmung zu bremsen und die verheerenden Folgen des Gletscherschwunds auf den Meeresspiegel und die Süßwasserversorgung zu begrenzen.