Yoga kann Ihr Gehirn physisch verändern und bringt zahlreiche mentale und körperliche Gesundheitsvorteile mit sich. Es stärkt die graue Substanz und verändert wichtige neuronale Netzwerke, was Hoffnung für die Verbesserung der psychischen Gesundheit weckt.
Eine transformative Praxis
Mein rechter Arm zittert, Schweiß tropft von meiner Stirn, während ich mich von der Seitenplanke in die Yoga-Pose „Wild Thing“ (Camatkarasana) drehe. Diese Pose erfordert Geschick: Ich wölbe meinen Rücken, strecke meinen linken Arm über meinen Kopf und richte meinen Blick in den Himmel. Eine mögliche Übersetzung von „Camatkarasana“ ist „das ekstatische Entfalten des verzauberten Herzens“, und tatsächlich fühle ich mich trotz der Anstrengung unbesiegbar.
Als ich mit Yoga begann, wollte ich vor allem schwitzen und Kraft aufbauen. Ich sah es nur als körperliches Training – doch es wurde viel mehr.
Yoga hat seine Ursprünge vor über 2.000 Jahren im alten Indien. Heute gibt es viele verschiedene Stile, wie meditatives Yin-Yoga oder fließendes Vinyasa. Doch unabhängig vom Stil liegt der Fokus stets auf der Verbindung von Körper und Geist. Studien belegen, dass Yoga nicht nur körperliche Vorteile bietet, sondern auch der mentalen Gesundheit zugutekommt. Es könnte sogar Menschen mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) bei der Bewältigung ihrer Symptome helfen.
Die körperlichen Vorteile von Yoga sind gut erforscht. Yoga stärkt die Muskeln, verbessert die Flexibilität und steigert die kardiovaskuläre Fitness. Studien zeigen, dass Yoga Ausdauer und Beweglichkeit fördern sowie Verletzungen vorbeugen kann – wenn es korrekt ausgeführt wird. Sogar Spitzensportler wie Fußball- und Basketballspieler setzen auf Yoga, um ihre Leistung zu steigern.
Doch Yoga bietet mehr als nur körperliches Training. Es wird zunehmend als Therapie bei verschiedenen Gesundheitsproblemen eingesetzt, von Epilepsie und Typ-2-Diabetes bis hin zu chronischen Schmerzen und Schlaganfall-Rehabilitation. Es hat sich auch bei Multipler Sklerose als effektiver als Physiotherapie erwiesen und könnte sogar Krebsüberlebenden helfen.
Veränderungen im Gehirn durch Yoga
Yoga verändert nachweislich die Struktur und Funktion des Gehirns. Bereiche wie der Hippocampus, die Amygdala, der präfrontale Kortex und Netzwerke wie das Default Mode Network profitieren davon. Diese Veränderungen könnten alters- und neurodegenerativen Erkrankungen entgegenwirken.
Stress ist ein bekannter Faktor, der das Altern beschleunigen kann. Laut Claudia Metzler-Baddeley, Kognitionsneurowissenschaftlerin an der Cardiff University, reduziert Yoga Entzündungen und wirkt stressbedingten Schäden entgegen. Meditation und Achtsamkeit, die zentrale Elemente des Yoga sind, fördern die Metakognition und helfen, emotionale Reaktionen auf Stress zu regulieren.
Neuroimaging-Studien zeigen, dass Yoga das Volumen der grauen Substanz im Gehirn erhöht. Diese ist wichtig für Sprache, Gedächtnis und Entscheidungsfindung. Bei Alzheimer-Patienten geht graue Substanz verloren, doch Yoga könnte diesen Prozess verlangsamen. Eine Studie aus 2023 zeigt, dass Yoga den Gedächtnisverlust bei Frauen mit Alzheimer-Risiko verlangsamen kann.
Neben der körperlichen Bewegung können die Atemübungen und Meditation im Yoga auch Stress und Angst reduzieren sowie die Stimmung verbessern. Studien belegen, dass Yoga die Symptome von Depressionen lindern kann. Heather Mason, Gründerin des „Minded Institute“, berichtet, wie Yoga ihr Leben verändert hat: „Es half mir, Depressionen, Angst und PTBS zu bewältigen.“
Yoga erhöht zudem die Konzentration von Gamma-Aminobuttersäure (GABA) im Gehirn, die für die Entspannung wichtig ist. Nach einem 12-wöchigen Yoga-Kurs wurden bei Teilnehmern erhöhte GABA-Werte und eine verbesserte Stimmung festgestellt.
Yoga als Unterstützung bei PTBS
Yoga zeigt auch Potenzial bei der Behandlung von PTBS. Studien mit US-Veteranen und Frauen mit chronischer PTBS zeigten positive Effekte. Doch nicht alle Yoga-Stile sind für Betroffene geeignet. Trauma-sensitives Yoga ist besonders wichtig, um negative Reaktionen zu vermeiden.
Rachel Bilski, Yoga-Therapeutin und Managerin von PTSD UK, beschreibt, wie Yoga ihr half: „Es gab mir das Gefühl von Sicherheit in meinem Körper, das ich nicht kannte.“ Yoga-Therapie unterscheidet sich von normalem Yoga. Sie wird individuell angepasst und konzentriert sich auf Atemtechniken und Körperwahrnehmung. Dies hilft, Trauma-Trigger zu entschärfen und die Selbstregulation zu verbessern.
Yoga wird oft mit anderen Behandlungen kombiniert. Metzler-Baddeley betont, dass die Wirkung von Yoga schwer zu isolieren ist, da Atemübungen, Meditation und Bewegung eng miteinander verbunden sind. Doch es sei letztlich irrelevant, welcher Aspekt den Effekt bewirkt – entscheidend sei, dass Yoga als Ganzes funktioniert.
Mit beiden Füßen fest auf dem Boden und den Armen im Krieger-2-Pose ausgestreckt, fühle ich mich ruhig, stark und präsent. „Yoga kann den gesamten Körper-Geist-Komplex verändern“, sagt Mason. „Es ist ein langer Weg, aber es hat diese Kraft – und das ist vermutlich der Grund, warum es seit Tausenden von Jahren praktiziert wird.“